Chow - Vivo


 

Vivo


Vivo, der Gerettete!

Von J. Kemper

Alles begann Anfang September, als Uli im Hundeforum einen Hilferuf startete. Es wurde dringend eine Pflegestelle für einen Chow-Chow gesucht. Der Hund saß in einer spanischen Tötung und die eigentliche Pflegestelle hatte kurzfristig abgesagt.

Ich hatte schon viele solche Hilferufe gelesen, aber keiner ließ mich sofort „ja“ sagen. Diesesmal aber zögerte ich, wusste eigentlich sofort: Ich wage es!

Es blieb keine Zeit mehr um sich irgendwelche Gedanken zu machen und mein Lebensgefährte wurde fast vor die vollendete Tatsache gestellt. Es wurde beschlossen: Vivo kommt! Meine Schwiegermutter war über einen dritten Hund im Haus so begeistert, wie ein Kind, dem man den Lutscher geklaut hatte. Schnell wurde der Termin für die noch bevorstehende Vorkontrolle vereinbart, die bestens verlief. Mir fiel ein riesiger Felsbrocken vom Herzen. Jetzt war es amtlich. Vivo kommt. Und zwar am 24.09.2011. Von der ganzen Organisation des Transportes aus Spanien nach Deutschland habe ich nichts mitbekommen. Uli machte sich dann am Ankunftstag auf eine lange Fahrt um die Fellnasen selber in Heidelberg abzuholen. Ja genau, es wurden dann zwei Chows, es kam ein Pärchen, mit den schönen Namen Vivo und Viva.

Sie sahen komplett gleich aus. Nur an der Größe konnte man den Rüden von der Hündin unterscheiden. Wir haben uns für Vivo, den Rüden, entschieden, weil wir schon zwei Zicken beaufsichtigen und ein Rüde besser in das bestehende Damenrudel passen würde. Wir machten uns also am Samstag auf den Weg, um unseren Notfall in Unkelbach bei Rotraut abzuholen. Rotraut ist die „Mama“ aller Chows in Not.

Ich war super nervös auf der Fahrt nach Unkelbach. Uli begrüßte uns schon wartend auf der Straße um uns ins Haus zu begleiten. Dort begrüßten uns dann auch gleich schon einige Chows, aber es waren noch nicht unsere. Ich war schon ganz aufgeregt und dann, endlich, im Garten: Da waren sie! Und ich war sofort verliebt! Ich bekam fast einen Zuckerschock so schön waren diese Hunde. Sie waren absolut aufgeschlossen, freundlich und ohne jegliche Scheu vor uns fremden Menschen. Eigentlich hatte ich mit ängstlichen Hunden gerechnet, mit Hunden, die verstört und geschockt aus der Tötung kamen. Diese beiden aber begrüßten uns, als würden wir uns schon ewig kennen. Man muss sich mal vorstellen, da kommen diese Tiere aus einem fremden Land, mit langem Transportweg, in ein völlig fremde Umgebung, und stehen vor einem und fragen: „Hey Mensch, und was machen wir jetzt ?“

Ich war platt. Platt, erleichtert, glücklich und einfach nur froh!

So saßen wir nun mit Uli im Garten und auch sie konnte nicht fassen, was für wunderbare Tiere das sind. Wir plauderten, machten Fotos, kuschelten mit den Hunden und machten den Pflegevertrag fertig. Wir verabschiedeten uns von Unkelbach, packten Vivo ins Auto und machten uns auf den Weg nach Hause.

Um nun das erste Treffen unserer eigenen Hundedamen mit dem neuen Chow zu entspannen, ließ ich mich kurz vor unserem Zuhause auf einem Feldweg absetzen und wartete auf die Hundedamen, die uns dann entgegenkommen sollten. Ich hielt Vivo an der Schleppleine und lief schon mal ein Stück mit ihm, bis uns Mann und Mädels eingeholt hatten. Was wir nicht bedacht hatten war, dass sie mich begrüßen wollen und so auf mich zu gerannt kamen. Vivo sah es wohl als Spiel an und sprang vor den beiden her um sie auch zu begrüßen. Nach einem ausgiebigen Spaziergang mit allen 3en fuhren wir nach Hause. Dort quartierten wir Vivo in ein separates Zimmer und ließen ihn ankommen. „Ankommen“, was für ein Wort. Ich denke er ist in Unkelbach schon in unserem Herz angekommen und nun galt es ihn auch räumlich ankommen zu lassen. Die erste Nacht verlief viel zu ruhig. Als wir morgens aufstanden hatten wir mit mindestens einer Pfütze und vielleicht auch einem Häufchen gerechnet. Aber nichts. Der „Streuner“ schien doch tatsächlich stubenrein zu sein. So nun erst mal ab in den Garten, die hündischen Geschäfte erledigen. „Vivo komm“ …… ÄTreppe ? Ich? Äh Nö! Haben Sie schon mal einen Esel versucht zu ziehen? Ja ? Das ist ein Kinderspiel verglichen mit einem Chow, den man zu etwas bewegen will, was dieser partout nicht will. Er wurde zu einer Statue aus Granit. Einzige Möglichkeit:Tragen. Wir machten uns schon auf ein hartes Treppentraining gefasst. Weit gefehlt. Nach ein paar Versuchen ging Vivo zaghaft die Treppen hinunter und nach zwei Tagen gab es für ihn kein Halten mehr, wenn er eine Treppe sah.

Vivo war von Anfang an ein Traum von einem Hund, einfach mein Traumhund. Und auch wenn zu Anfang noch die eine oder andere Macke abgearbeitet werden musste, ja, wir immer noch einiges verbessern können, verlief doch der Alltag mit unseren Hundedamen immer besser. Mittlerweile können die Hunde problemlos alleine gelassen werden. Auch wenn wir bis dahin einiges an Arbeit und Mühe mit unserem Rudel hatten, da Vivo nicht alleine sein konnte. Immer musste ein Mensch in seiner Nähe sein. Doch auch das haben wir mit viel Training super gemeistert. Vivo ist mein Hund, mit all seinen Macken, mit all seinen überwiegend liebenswerten Eigenschaften. Und wir lieben ihn so wie er ist, sind schon ganz vernarrt in den Rüden und froh, das er einfach da ist.

Es war nicht alles einfach und es wird nicht immer alles einfach weiter gehen, aber Vivo ist auf dem Weg, mein Seelenhund zu werden. Es wird sicher nicht immer alles nur rosarot sein in den nächsten Jahren, aber durch seinen Charm und seine freundliche Art, wird er alles wieder gut machen. Ich bereue nicht, ihn aufgenommen zu haben und weiß jetzt, dass mein Gefühl von der ersten Sekunde an das richtige war. Ich habe einen dritten Hund gesucht und er hat mich gefunden. Ich hoffe auf eine lange Liebe und ein langes schönes Leben mit ihm.